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Starke Kinder, starke Bildung

[Pressemitteilung]

CJD-Kongress „Bildung & Teilhabe in Zeiten der Pandemie“

Kinder und Jugendlichen gehören zu den Verlierern der Corona-Pandemie. Das gesellschaftliche Versprechen von Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit konnte unter den Rahmenbedingungen von Lockdown und Homeschooling noch weniger eingelöst werden als in den Zeiten vor Corona. Die Kluft ist größer geworden.

Das Christliche Jugenddorfwerk Deutschlands gemeinnütziger e. V. (CJD) möchte den Fokus auf dieses Thema lenken. Deshalb veranstaltete das deutschlandweit aktive Bildungs- und Sozialunternehmen am 8. November den Fachkongress „Bildung & Teilhabe in Zeiten der Pandemie“ in Magdeburg.

Fachtag Bildungsgerechtigkeit des CJD

Starke Kinder, starke Bildung: CJD-Fachtag „Bildung & Teilhabe in Zeiten der Pandemie“. (v. l.) Prof. Dr. Günther Opp, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg; Eva Feußner, Bildungsministerin Sachsen-Anhalt; Elke Büdenbender, Ehefrau des Bundespräsidenten und Schirmherrin des Fachtags; Petra Densborn, Mitglied des CJD-Gesamtvorstands; Prof. Dr. phil. Kathrin Aghamiri, Fachhochschule Münster; Oliver Stier, Sprecher des CJD-Vorstands
Bildnachweis: CJD/Andreas Lander
 

In diesem Engagement unterstützt wird das CJD von der Schirmherrin des Fachtages Elke Büdenbender, Ehefrau des Bundespräsidenten. Weitere prominente Rednerinnen und Redner waren Eva Feußner, Bildungsministerin in Sachsen-Anhalt, Prof. Dr. phil. Kathrin Aghamiri, Fachhochschule Münster, Prof. Dr. Günther Opp, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, und Prof. Dr. Andreas Schleicher, Direktor für Bildung bei der OECD, der auch das PISA-Programm verantwortet.

Fazit des Kongresses: Kinder sind in Bildungsprozessen deutlich besser unterwegs, wenn sie schon im Kleinkindalter selbst wirksam werden können durch das Miteinander mit Gleichaltrigen und mit Erwachsenen. Frühkindliche Bildungsangebote unterstützen im Zusammenwirken mit den Eltern diese positive Entwicklung.

Bildung ist mehr als die Wissensvermittlung in der Schule und die Schule ist mehr als ein wissensvermittelnder Lernort. Dies hat sich in der Pandemie besonders gezeigt. Es wurde deutlich, wie sehr die Zugänge zu Bildung von der Lebenssituation und von den sozialen und finanziellen Rahmenbedingungen der Herkunftsfamilie abhängig sind.

Elke Büdenbender, Ehefrau des Bundespräsidenten und Schirmherrin des Fachtags, sagte in ihrem Grußwort: „Unsere Kinder und Jugendlichen sind unsere Zukunft, und wir können – und dürfen – es uns nicht leisten, auch nur einen jungen Menschen zurückzulassen. Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Teilhabe und darauf, dass wir sie ernst nehmen. Auch sie gestalten unsere Gesellschaft mit und haben Einfluss darauf, ob sie eine offene und andere Menschen nicht diskriminierende Gemeinschaft ist. Die Pandemie hat besonders für den Bereich Bildung Defizite aufgezeigt. Wieder einmal haben vor allem Schülerinnen und Schüler, die es aus den unterschiedlichsten Gründen schon schwer haben, unter den Beschränkungen und Schulschließungen gelitten – Schülerinnen und Schüler, die besondere körperliche oder geistige Herausforderungen zu bewältigen haben oder aus sozial benachteiligten Familien kommen, wo den Kindern unter Umständen die Unterstützung fehlt. Gerade das selbstständige Lernen war für viele von ihnen enorm schwierig und in manchen Fällen sogar unmöglich. Bildung ist der Schlüssel zu einem selbstbestimmten und damit erfüllten Leben. Deshalb muss es uns gelingen, allen gleichermaßen die Chance auf Bildung zu geben. Der Zugang zu Bildung darf nicht länger von der sozialen Herkunft abhängen, und körperliche und geistige Herausforderungen dürfen den Zugang ebenfalls nicht versperren.“

Fachtag Bildungsgerechtigkeit des CJD

CJD-Fachveranstaltung in Magdeburg
Bildnachweis:CJD/Andreas Lander

Die Wichtigkeit des Präsenzunterrichts betonte Sachsen-Anhalts Bildungsministerin Eva Feußner in ihrem Grußwort. Nur so könnten Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte pandemie-bedingte Defizite wieder aufholen. Schulen seien dabei nicht Treiber der Inzidenzzahlen, sie seien vielmehr die einzige öffentliche Einrichtung, in der konsequent getestet werde. Deswegen falle dort die Zahl von Infizierten besonders auf. Daher ergehe erneut der Appell an alle Eltern und impffähigen Kinder, sich dringend impfen zu lassen. „Nur so sorgen wir dafür, die Schulen im Sinne der Bildungsgerechtigkeit offenzuhalten.“

„Beim Stichwort ‚Bildung‘ denken alle sofort an Schule als Ort von Wissensvermittlung“, sagte Petra Densborn, Mitglied des CJD-Gesamtvorstands und zuständig für die fachlichen Angebote des CJD. Sie machte klar, dass Bildung schon viel früher ansetze, nämlich bei den Kleinkindern. „Gerade die Pandemie und die Folgen des Lockdowns haben gezeigt, wie sehr Kinder andere Kinder und das soziale Miteinander brauchen. Wenn sie sich mit anderen Kindern im Alltag erleben, sich mit ihnen auch auseinandersetzen, erfahren sie, wie sie selbst wirksam werden. Diese Selbstwirksamkeit macht Kinder stark. Die Praxis zeigt, dass Kinder, die ihre Selbstwirksamkeit kennen, ganz selbstverständlich Strategien entwickelt haben, um Herausforderungen gemeinsam mit anderen zu bestehen. Sie kommen viel leichter in der Schule zurecht, nehmen Bildungsangebote besser an und meistern auch Krisen viel erfolgreicher, als Kinder, die ihre Selbstwirksamkeit nicht entfalten konnten.“

Die Erfahrungen aus der Praxis untermauerte Professorin Dr. phil. Kathrin Aghamiri, Fachbereich Sozialwesen an der FH Münster: „Bildungsgerechtigkeit bedeutet das aktive Herstellen einer Ordnung in pädagogischen Institutionen, denen alle dort Beteiligten zustimmen können. Dieses Vorhaben braucht nicht nur ein empathisches Eingehen auf die Bedürfnisse junger Menschen, die ganz unterschiedliche Erfahrungen und Fähigkeiten aus ihren Lebenswelten mitbringen, sondern in Anlehnung an Dewey auch eine demokratische(re) Gestaltung der Kitas, Schulen und Wohngruppen als „kleine Gesellschaft“. Das heißt, die jungen Leute treffen dort gemeinsam Entscheidungen und handeln das Alltagsleben miteinander aus. Damit das klappt, muss es von den Pädagoginnen und Pädagogen gewollt und begleitet werden. Das heißt: Partizipation beginnt in den Köpfen der Erwachsenen!“

Professor Dr. Andreas Schleicher, Direktor für Bildung bei der OECD und verantwortlich für die PISA-Studie, wies darauf hin, dass es für Kinder und Jugendliche wichtig sei, Fähigkeiten wie Empathie, Mut, Konfliktfähigkeit und Verantwortung zu erlernen. Darin könne und müsse sie die Schule unterstützen. Schreiber sieht das sogar als eine der Kernaufgaben der Schule an. Denn diese Fähigkeiten seien es, die die Menschen von Computern unterschieden. Gleichzeit sei es wichtig, dass auch der Schulstoff nicht nur passiv vermittelt werde, sondern die Schülerinnen und Schüler das theoretische Wissen auch anwenden könnten. Nur wenn die Kinder ins Erleben kämen, könnten sie die Welt mit anderen Augen sehen. Kinder bräuchten Räume für Kreativität. In ihnen könnten sie angstfrei Fehler machen. Das sei wichtig, denn nur so entstünden Erfahrungen. Besonders Kinder aus prekären Verhältnissen seien häufig in einer Glaubenswelt verfangen, dass sie nichts könnten. Das sei aber falsch. Um aus dieser Glaubenswelt auszubrechen, brauchten sie aber Unterstützung.

Aus Schülersicht ging ein Appell nicht an die pädagogischen Fachkräfte, sondern an Unternehmen. Lilly Stemmler, Schülerin der CJD-Christophorus-Gemeinschaftsschule in Droyßig, machte darauf aufmerksam, bei Stellenbesetzungen nicht nur auf den Schulabschluss zu schauen, sondern auf die fachlichen Qualifikationen. In Stellenausschreibungen würde fast ausschließlich die Hochschulreife verlangt. Die nötigen fachlichen und sozialen Anforderungen würde sie jedes Mal erfüllen – bis auf das Abitur, sagte die Sechzehnjährige, die kommenden Sommer ihren erweiterten Realschulabschluss macht. „Es wäre gut, wenn erkannt würde, dass auch Realschüler vieles sehr gut leisten, denn wir können auch was!“

Der gestrige Fachtag zeigt, wie viele Facetten das Thema Bildungsgerechtigkeit hat. Das CJD als deutschlandweit agierendes Bildungs- und Sozialunternehmen macht sich für Bildungsgerechtigkeit stark. „Gerade die Pandemie zeigt, wie schnell Kinder abhängt werden, deren Familien sie nicht fördern können, weil den Eltern die Zeit oder auch die Fähigkeiten fehlen. Dieses Phänomen zieht sich durch alle sozialen und Bildungsschichten“, so Densborn weiter.

Mit dem Kongress in Magdeburg will das CJD den Fokus der Öffentlichkeit auf dieses gesellschaftlich wichtige Thema lenken. „Bildungsgerechtigkeit muss über die Schule hinaus gedacht werden. Dafür haben wir gemeinsam mit Wissenschaft und Politik einen ersten Vorstoß gemacht. Wir wollen das Thema jetzt noch weiter vorantreiben und sind dankbar, dass wir mit Elke Büdenbender eine so fachlich versierte und prominente Unterstützerin haben.“

Pressemitteilung des CJD