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15. Januar 2005

Gemeinsam jugendpolitische Verantwortung wahrnehmen

Politische Verantwortung erkennen

Die unantastbare Würde des Menschen ist durch Gott, den Schöpfer, den Erhalter, den Erlöser, den Richter und Vollender der Welt begründet und garantiert. Gott hat den Menschen als sein  Ebenbild, als Mann und Frau geschaffen (1. Mose 1,27). Der Mensch hat diese enge Beziehung zerstört. Jesus Christus ist gekreuzigt und auferstanden, um uns diese Beziehung wieder zu ermöglichen.

Der CVJM lädt zum Glauben an den gekreuzigten und auferstandenen Jesus Christus und in seine Nachfolge ein. Leben in der Nachfolge Christi hat Konsequenzen für alle Lebensbereiche, auch für die politische Existenz.

Folgende Einsichten leiten uns als Christen bei der Wahrnehmung unserer politischen Verantwortung:

  1. Gott hat uns Menschen mit den nötigen Gaben ausgestattet und beauftragt, die Welt nach seinem Willen zu gestalten und zu bewahren (1. Mose 2, 15). ER hat uns seinen Segen dazu verheißen.
  2. Zur Erfüllung dieses umfassenden Auftrages gehört auch die politische Verantwortung. Wir sind für unser politisches Engagement Gott ebenso Rechenschaft schuldig, wie für Gleichgültigkeit und verweigerte Übernahme von Verantwortung.
  3. Wir engagieren uns politisch im Dienst für die Menschen und zur Ehre Gottes. Nicht eigene Interessen, sondern das Gemeinwohl soll für uns im Mittelpunkt stehen.
  4. Wir treten für Frieden und Gerechtigkeit ein, insbesondere für benachteiligte junge Menschen und für Gerechtigkeit zwischen den Generationen.
  5. Um der Sache willen praktizieren wir eine faire Streitkultur, die von gegenseitiger Achtung geprägt ist.
  6. Weil wir von Vergebung leben, können wir unsere Fehler eingestehen und auch anderen Fehler zugestehen.
  7. Unsere demokratische Ordnung trägt insbesondere der Gefahr des Machtmissbrauchs dadurch Rechnung, dass sie politische Macht teilt, begrenzt und kontrolliert.
  8. Nach zwei Diktaturen in Deutschland wissen wir, dass nur eine demokratische Ordnung Freiheit ermöglicht. Diese Freiheit ist auch die Voraussetzung für die ungehinderte , öffentliche Verkündigung des Evangeliums ebenso wie für die freie Gestaltung von Jugendarbeit und Jugendverbandsarbeit. Es ist unsere Verpflichtung, diese demokratische Rechtsordnung zu schützen und mitzugestalten.

Demokratie lernen

Politische Bildung bedeutet in ihrem umfassenden Sinne "Demokratie lernen".
Sie ist die Voraussetzung für wirksames politisches Engagement.

Beides will der CVJM als demokratisch organisierter Kinder- und Jugendverband fördern. 

1. Wertevermittlung und Werteaneignung

Der CVJM lädt junge Menschen zum christlichen Glauben ein. Er vermittelt christliche Werte und fördert bei jungen Menschen die Auseinandersetzung mit diesen Werten und deren Aneignung. Er prägt junge Menschen und damit auch Verantwortungsträger von morgen. Damit hilft der CVJM, die Zukunftsfähigkeit der demokratischen Gesellschaft zu sichern.

In der weltweiten Gemeinschaft des CVJM begegnen junge Menschen unterschiedlichen Kulturen. Sie erleben den Reichtum in der Verschiedenheit und zugleich die Verbundenheit über Grenzen hinweg. Sie lernen, Zusammenhänge zu sehen und Verantwortung zu übernehmen.

2. Freiwilligkeit und ehrenamtliches Engagement

Begeisterung und Überzeugung motivieren Kinder und Jugendliche zum Mitmachen und zum ehrenamtlichen Engagement.

Für den CVJM als christlichen Jugendverband ist Freiwilligkeit und Ehrenamt unverzichtbar.

Junge Menschen erfahren Wertschätzung und dass ihnen Erwachsene und Gleichaltrige etwas zutrauen. Sie erleben, dass ihr Engagement Spaß macht. So gestalten sie die Arbeit des CVJM mit.

Wer sich in seiner Jugend ehrenamtlich engagiert, wird es in der Regel auch später tun. Ehrenamtliches Engagement ist grundlegend wichtig für jeden Jugendverband, aber auch insgesamt für die Kirchen, die freie Gesellschaft und den demokratischen Staat.

3. Selbstorganisation und Partizipation

Selbstorganisation bedeutet Mitarbeit, Mitbestimmung und Mitverantwortung, also Beteiligung in Gruppen und Gremien, Projekten und Programmen, in praktisch-technischen, organisatorischen, pädagogischen und geistlichen Aufgabenfeldern. Der CVJM bietet dazu Möglichkeiten von der Arbeit vor Ort über die Region, den CVJM-Gesamtverband in Deutschland, den Europäischen Bund bis zum Weltbund der CVJM.

Mitarbeit, Mitbestimmung und Mitverantwortung sind Ergebnisse eines Lern- und Trainingsprozesses, der umso erfolgreicher ist, je früher er beginnt und je intensiver jemand dabei begleitet und gefördert wird. In diesem Lernprozess werden individuelle Gaben und persönliche Fähigkeiten entdeckt und gefördert.

4. Politische Bildung

Junge Menschen erwerben im CVJM grundlegende soziale und persönliche Kompetenzen, die zur aktiven und verantwortlichen Mitwirkung in Gesellschaft und Staat erforderlich sind.

Das Wissen um politische Zusammenhänge und Gestaltungsmöglichkeiten ergibt sich daraus nicht automatisch. Dieser Teil der politischen Jugendbildungsarbeit muss im CVJM aktiv gewollt und stärker als bisher praktisch durchgeführt werden.

5. Jugendpolitische Qualifizierung

Innerhalb des CVJM gehört die fachliche Qualifizierung von ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in jugendpolitischen Fragen zu den wichtigsten Voraussetzungen für eine wirkungsvolle Vertretung der  Interessen von jungen Menschen. Grundkenntnisse müssen bereits in den Mitarbeitergrundkursen der CVJM vermittelt werden.

Der CVJM fördert die fachliche Qualifikation auch in der Aus- und Fortbildung von ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Der CVJM legt besonderes Augenmerk auf die Entdeckung, Gewinnung und Qualifizierung junger Menschen, die sich jugendpolitisch engagieren.

Demokratie gestalten

Politisches Engagement findet für den CVJM seinen konkreten Ausdruck im Eintreten für politische Rahmenbedingungen, die dem Leben und der Entfaltung junger Menschen dienen.

Um dieses Engagement wirksam zu gestalten, ist eine enge Zusammenarbeit zwischen dem CVJM-Gesamtverband und seinen Mitgliedsverbänden erforderlich.

  1. Der CVJM sucht das Gespräch mit Politikerinnen und Politikern aller politischen Ebenen und aller demokratischen Parteien sowie mit Vertreterinnen und Vertretern der zuständigen Verwaltungen. Er vertritt ihnen gegenüber die berechtigten Interessen von jungen Menschen und deren Familien, zum Beispiel in den Bereichen Bildung, Ausbildung, Beruf, Freiwilligendienste, Wehr- und Zivildienst, Medien, Jugendschutz, Partizipation und Jugendarbeit. Dabei bringt er auch die besondere Situation von benachteiligten Kindern und Jugendlichen zur Sprache.
    Der CVJM setzt sich für eine nachhaltige Politik für die junge Generation ein.
  2. Der CVJM setzt sich für verlässliche Rahmenbedingungen auf allen Ebenen ein, die geeignet sind, selbstorganisierte Jugendverbandsarbeit, außerschulische Jugendbildung und das ehrenamtliche Engagement von jungen Menschen zu fördern und die Situation von jungen Menschen in schwierigen Lebenslagen zu verbessern.
  3. Der CVJM arbeitet zur Wahrnehmung dieser Aufgaben in Jugendringen mit und kooperiert mit anderen Trägern der Jugendhilfe.
  4. Der CVJM ist zur Mitarbeit in Jugendhilfeausschüssen und anderen Fachgremien auf allen politischen Ebenen, sowie in kirchlichen Fachgremien, bereit. Der CVJM beteiligt sich als anerkannter freier Träger der Jugendhilfe an der Jugendhilfeplanung.
  5. Der CVJM ermutigt junge Menschen, sich in politischen Strukturen, z.B. in Schüler- und Jugendvertretungen, in demokratischen Parteien und in der Kommunalpolitik zu engagieren, und begleitet sie während ihres politischen Engagements.
  6. Der CVJM-Gesamtverband unterstützt seine Mitgliedsverbände bei der Wahrnehmung jugendpolitischer Aufgaben und arbeitet auf Bundesebene mit der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend zusammen.
  7. Der CVJM-Gesamtverband nimmt jugendpolitische Verantwortung auch auf europäischer Ebene wahr.
  8. Der CVJM stellt sich den politischen Herausforderungen, die sich aus den Partnerschaften innerhalb des weltweiten CVJM ergeben.


Beschlossen vom Hauptausschuss des CVJM-Gesamtverbandes am 15. Januar 2005